Zuchtwartbeitrag Dezember 2024
Liebe Zuchtfreunde,
auf der HSS 2024 in Algermissen wurden die dort ausgestellten Spitzentiere gewogen. Hintergrund hierzu ist ein Schreiben des Bundeszuchtausschuss („BZA“), in dem sämtliche Sondervereine um die Wägung ausgestellter Spitzentiere gebeten wurden. Mit diesem Schreiben sollen die Sondervereine aktiv in den Vorgang der Überprüfung der im Rassegeflügelstandard angegebenen Standardgewichte einbezogen werden.
Das Schreiben macht deutlich, dass die Thematik einer drohenden Übertypisierung rasseübergreifend an Bedeutung gewinnt.
Zur Verdeutlichung der Thematik, nachfolgend auszugsweise das Schreiben des BZA.
„Hintergrund:
Körpergröße und -gewicht sind wesentliche Einflussgrößen auf den Gesamteindruck und die optische Wirkung rassespezifischer Formmerkmale unserer Rassen. Über viele Jahre hinweg waren und sind in einigen Rassen deutlich zu große bzw. zu schwere Tiere anzutreffen; teils wurden diese auch hoch bewertet. Mitunter gibt es auch bestimmte Beispiele, wo ein Trend zu Untergewicht bzw. übertriebener Kleinheit beobachtet werden konnte. Diesen Trends wird aktiv entgegengewirkt. Natürlich stehen mit den züchterischen Verbesserungen der Rassen über Jahrzehnte z.T. auch Veränderungen der Körpergröße im begrenzten Umfang in Zusammenhang. Aber der Rassecharakter muss erhalten bleiben. So ist z.B. bei Hühner- und Entenrassen oft nicht das größte Tier das typischste. Bei Zwerghühnern muss der Zwergentypus erhalten bleiben.[…]
Wichtig für die Beurteilung und Selektion zur Körpergröße bzw. -gewicht ist allenfalls eine treffende und belastbare Vorgabe des Gewichts im Standard. Dabei besteht jedoch die Problematik, dass bei einer bestimmten Rassen (v.a. Zwerghühner) die aktuell im Standard ausgewiesenen Körpergewichte nicht zum heutigen Rassetypus passen. Z.B. weil in bestimmten Fällen die vor Jahrzehnten festgelegten Standardgewichte nicht auf Basis belastbarer Wägungen basieren oder die Rasse insgesamt aufgrund ihrer Typentwicklung zu mehr Standardnähe auch vertretbare Veränderungen im Gewicht zu verzeichnen hat.“
Im Folgenden sind die Ergebnisse der durchgeführten Wägung aufgelistet:
Kat. Nr. | Farbe | Geschlecht | Bewertung | Gewicht | Züchter |
1 | weiß | 1,0 | sg 95 | 5350g | N. Kund |
4 | weiß | 0,1 | sg 94 | 4620g | N. Kund |
6 | weiß | 0,1 | v 97 | 4490g | N. Kund |
13 | gesperbert | 1,0 | hv 96 | 4520g | U. Mäntz |
16 | gesperbert | 1,0 | sg 95 | 5240g | N. Kund |
20 | gesperbert | 0,1 alt | sg 94 | 3870g | K. Koch |
21 | gesperbert | 0,1 alt | hv 96 | 3870g | K. Koch |
25 | gesperbert | 0,1 | sg 94 | 3415g | N. Kund |
33 | gesperbert | 0,1 | sg 94 | 3840g | N. Kund |
34 | gesperbert | 0,1 | v 97 | 3895g | N. Kund |
37 | gesperbert | 0,1 | sg 94 | 3245g | N. Kund |
40 | gesperbert | 0,1 | hv 96 | 4280g | N. Kund |
Das Standardgewicht unserer Mechelner beträgt:
Hahn: 4kg bis 5kg
Henne: 3kg bis 4 kg
Aus der durchgeführten Wägung ist mitzunehmen, dass sowohl bei den Hähnen als auch bei den Hennen das im Standard angegebene Gewicht bei keinem der gewogenen Tiere unterschritten wurde.
Ich möchte an dieser Stelle erneut darauf hinweisen, dass ein hohes Gewicht nicht zwingend zu einer ansprechenden Rechteckform führt. So führt auch der BZA folgendes an: „So ist z.B. bei Hühner- und Entenrassen oft nicht das größte Tier das typischste.“ So ist es auch bei unseren Mechelnern, bei denen das Typische die Rechteckform ist.
So hatte die weiße 0,1 (Katalog Nr. 4; sg 94) mit einem Gewicht von 4620g (620g über dem Standardgewicht) zutreffend folgende Wünsche auf der Bewertungskarte vermerkt: „Brust etwas tiefer, Vorkamm eleganter“ während die mit vorzüglich bewertete gesperberte 0,1 (Katalog Nr. 34) mit einem Gewicht von 3895g diesen Wunsch nicht aufkommen ließ. Die weiße 0,1 war dabei 18% schwerer als die zuvor erwähnte gesperberte 0,1.
Das Gewicht ist also nicht allein entscheidend für die Rechteckform. Dass die Rechteckform nicht an das Gewicht gekoppelt ist, beweisen Rassen wie die Rhodeländer oder das Deutsche Reichshuhn seit geraumer Zeit.
Ein Mechelner muss aber zwingend einen gewissen Größenrahmen samt ansprechender Körperbreite mitbringen und hierzu ist das Gewicht, neben anderen Faktoren, entscheidend.
Ein Mechelner darf keinesfalls zart wirken.
Tiere am unteren Ende des oder unterhalb des Standardgewichts werden es schwer haben, mit Tieren am oberen Ende des Standardgewichts oder sogar darüber zu konkurrieren. Ein schwereres Tier wird immer breiter, länger und insgesamt kräftiger wirken als ein deutlich leichteres Tier. Die Gefahr hierbei liegt darin, dass, wie auch bei den Deutschen Zwerg Wyandotten, ein Trend hin zu immer schwereren Tieren entsteht.
Hennen im Bereich von 3800g zeigten meines Erachtens einen idealen Größenrahmen. Hier liegt auch in etwa das Median-Gewicht der Hennen von 3870g. Die Katalog Nr. 37 (gesperberte 0,1; sg 94) mit einem Gewicht von 3245g wirkte im Vergleich, (nur bezogen auf den Größenrahmen) weniger ansprechend. Zuchten, die sich am unteren Ende des Standardgewichts befinden sollten sich zumindest zur Mitte des Standardgewichts von bei Hennen 3,5kg orientieren, um den richtigen Größenrahmen zu erreichen. Zuchten, die sich oberhalb des Standardgewichts befinden, sollten sich wieder in den im Standard angegebenen Gewichtsrahmen bewegen, denn es ist offensichtlich, dass höhere als die im Standard angegebenen Gewichte zur Erreichung der innerhalb des Standards gesetzten Zuchtziele nicht erforderlich sind.
Interessanterweise wirkten die weißen Hennen (4620g und 4490g) vom Größenrahmen etwa wie die gesperberten Hennen um 3800g. Hierbei spielt die Gefiederfestigkeit eine gewisse Rolle. Während die weißen Hennen ein recht straffes Gefieder zeigten, war das Gefieder der gesperberten Hennen etwas lockerer. Damit entsprachen die gesperberten Hennen in diesem Aspekt dem Rassestandard, der hierzu fordert: „Gefieder: weich und voll, ohne lose zu sein“, wohl besser.
Wie aus der Tabelle ersichtlich, wurden lediglich Tiere von drei Züchtern zur Wägung herangezogen, zudem mit einem deutlichen Überhang einer Zucht. Dies ist insbesondere dem Umstand geschuldet, dass eine Vielzahl der ausgestellten Tiere noch nicht ausgereift war und damit von der Wägung ausgeschlossen wurden, um eine Verzerrung der Ergebnisse zu vermeiden. Ich beabsichtige auf der kommenden HSS erneut eine Wägung durchzuführen, um weitere Daten zu erhalten, die die bereits bestehenden ergänzen können.
Bei Fragen oder Anmerkungen stehe ich gerne zur Verfügung!
Mit freundlichem Züchtergruß
Nicolai Kund
Zuchtwart des Sondervereins